Ukraine

Russen-Terror gegen Ukraine-Bürger wird weitergehen

Die russische Armee greift die zivile Infrastruktur in der Ukraine an. Dies hat verheerende Folgen für die Bevölkerung, so ein Experte.

Kamikaze-Drohnen gegen Wohnhäuser in Kiew – Russland eskaliert immer weiter.
Kamikaze-Drohnen gegen Wohnhäuser in Kiew – Russland eskaliert immer weiter.
REUTERS

Für die Menschen in Kiew und anderen Großstädten in der Ukraine begann die Woche erneut mit russischen Angriffen aus der Luft. Das Ziel der Russen: die zivile Infrastruktur der Ukraine. Dafür setzen sie iranische Kamikazedrohnen ein. Energie- und Wasserversorgung werden in der Ukraine derweilen immer knapper. Präsident Selenski hat daher seine Bevölkerung dazu aufgerufen, den Stromverbrauch zwischen 17 und 23 Uhr einzuschränken. Damit will er den stabilen Betrieb des gesamten Systems gewährleisten.

Schwächen und zur Kapitulation zwingen

Dies aus gutem Grund. Denn laut Marc Finaud vom Centre for Security Policy Genf, wird Russland weitermachen und auch in naher Zukunft die zivile Infrastruktur in der Ukraine angreifen. "Abgesehen von Angriffen auf zivile Wohngebäude, die Menschenleben fordern und Terror verbreiten sollen, haben russische Streitkräfte Einrichtungen zur Erzeugung und zum Transport von Elektrizität oder zur Lagerung von Treibstoff sowie Transportleitungen ins Visier genommen."

Dies könnte vor allem mit Blick auf den näher rückenden Winter große Auswirkungen haben. Durch die Angriffe könnte ein Großteil der Bevölkerung, gerade ältere Personen, Verletzte sowie Frauen und Kinder, keinen Zugang zu Strom oder Brennstoff zum Heizen mehr haben und auch unter Nahrungsmittelknappheit leiden. "Aber auch Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung für Kranke und Verwundete entstehen dadurch", sagt Finaud. Das Ziel sei, die Streitkräfte zu schwächen, indem Strom, Treibstoff und Nahrung an der Front ausgehen, um die Ukraine zur Kapitulation zu zwingen.

AKW-Angriff wäre am verheerendsten

Die gesamte Infrastruktur im gesamten Land zu schützen, ist laut Finaud für die ukrainische Armee ein Ding der Unmöglichkeit. Die Streitkräfte können laut dem Experten zwar eine Luftverteidigung einsetzen, um Raketen oder Drohnen abzufangen, aber eben nur begrenzt und nicht überall.

Besonders schützenswert sind dabei die Atomkraftwerke im gesamten Land. Würde eines dieser angegriffen werden, hätte dies weitreichende Folgen für Land und Bevölkerung: "Höchstwahrscheinlich könnte ein Angriff auf ein Kernkraftwerk den verheerendsten Schaden anrichten, wenn er zu einer Reaktorexplosion oder Kernschmelze mit massiver radioaktiver Kontamination von Menschen, Boden, Nahrung, Wasser usw. führen würde." Erst am Montag kam es beim AKW Saporischschja erneut zu einem Stromunterbruch (siehe Box).

Aber auch die Zerstörung von Dämmen, wie die am Fluss Dnjepr, könnte massive Überschwemmungen verursachen, welche verheerende Folgen für die Bevölkerung hätten. Derzeit sind vier AKW in der Ukraine in Betrieb.

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    Die von Russland gelenkten Separatisten in der Ostukraine berichteten unterdessen über einen Beschuss der Stadt Donezk durch die ukrainische Armee.
    Die von Russland gelenkten Separatisten in der Ostukraine berichteten unterdessen über einen Beschuss der Stadt Donezk durch die ukrainische Armee.
    REUTERS

    Der Westen sollte unterstützen

    Die Angriffe auf die zivile Infrastruktur seien Angriffe auf Zivilisten. "Sie sind durch das humanitäre Völkerrecht strengstens verboten", sagt Finaud. Nur militärische Ziele können mit Verhältnismäßigkeit und Vorkehrungen angegriffen werden, damit bei den Angriffen keine zivilen Opfer zu beklagen seien. Der Westen könne einzig und allein die Ukraine unterstützen, indem er weiterhin humanitäre Hilfe und die militärische Ausrüstung für Selbstverteidigung zur Verfügung stellt, sagt Finaud.

    AKW Saporischschja vom Stromnetz getrennt
    Das von Russland besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ist erneut von der externen Stromversorgung abgeschnitten worden. Diese ist extrem wichtig für die Kühlung der Brennstäbe. Der ukrainische Kraftwerksbetreiber Energoatom teilte am Montag mit, dass in der Nacht die letzte Verbindungsleitung "infolge des Beschusses durch das russische Militär" wieder getrennt worden sei. Als Ersatz seien Dieselgeneratoren in Betrieb genommen worden.